Anlässlich des 6. äh 8. März war ich heute bei der Frauen*kampf-Demo in Berlin. Nachdem ich anschließend noch zu einem fantastischen Stück Kuchen nach Wedding eingeladen wurde, saß ich seehr müde und dauergähnend in der U5 Richtung zu mir. Neben mir eine ältere Dame (mindestens über 60), die das zum Anlass nahm mich anzusprechen und zu fragen, ob das Sauerstoffmangel oder Müdigkeit sei. Ich antwortete etwas lustlos, dass es sich um Müdigkeit handle und tippe weiter auf meinem Telefon rum. Das stört sie aber nicht und sie fragt weiter: „Langer Tag?“ Ich packe meine Höflichkeit aus und das Telefon ein und sage „Nö gar nicht so lang eigentlich. Aber anstrengend“ Sie nickt zu meinem bisher noch umgedrehten Plakat und fragt „deswegen?“ Ich bejahe das und will eigentlich zurück zu meinem Handy. Sie fragt „was haben Sie denn drauf geschrieben?“ Ich zeige ihr das Plakat:
Und sie lacht laut aus. „Na DAS hat bestimmt für Furore gesorgt!“ Ich schauen sie erstaunt an, weil ich nicht weiß in welche Richtung das gleich geht und antworte immer noch recht träge „es geht“. Sie strahlt mich an und sagt „Kluge Gedanken brauchen keine Schönschrift.“ Wäre sie nicht sympathisch gewesen, hätte ich das mit der Schönschrift eine Frechheit gefunden, aber stattdessen muss auch ich lachen. Wir fangen an rumzuscherzen und sie sagt Sachen wie „Die einen denken bestimmt sie sind eine Satansverehrerin und die anderen schauen lieber weg“. Ich habe das Gefühl, dass ich sie nicht korrigieren muss, dass ein Pentagramm eigentlich fünf Zacken hat. Ich habe das Gefühl, dass es nicht darum geht und sie weiß wovon sie redet. Beim Austeigen tätschelt sie meinen Arm (das mag ich auch bei sympathischen fremden Menschen gar nicht!) und sagt „Ich hätte mich das nicht getraut, aber dafür gibt es die jungen Leute.“
Ich bin heute wirklich EINIGE Male wegen des Plakates angequatscht worden und auch wenn einige sehr nett waren, waren die meisten von nervig bis unverschämt. Es gab fünf Gruppen:
1. die die es toll fanden. Die waren mir verständlicher Weise am liebsten.
2. die die gestarrt und abschätzig geschaut haben. Die haben ihre Probleme immerhin mit sich selbst ausgemacht.
3. die die eine Rechtfertigung und Erklärung für das Plakat haben wollten. Die waren nervig, aber bei weitem nicht am schlimmsten.
4. die ungemein ausgeprägte „irgendwas mit Antisemitismus“ Fraktion. Völlig fremde Leute fragten mich entweder, ob das Plakat eine Reaktion auf die Antisemitsmusdebatte im Bezug auf die Demo sei und was ich davon halte oder im noch unverschämteren Falle kam ein Typ auf mich zu und fragte mich völlig ohne Zusammenhang, was es am Anfang der Demo mit dem „Gegen Antisemitismus“ Banner auf sich hätte. Das nächste Mal male ich noch ein „i“ vor den Davidstern, damit ich als Infozentrale für antisemitismusspezifische Belange auch wirklich für alle sichtbar bin. Not.
Die fünfte Gruppe hat ein Bulle ganz für sich allein. Mit einem Blick auf mein Plakat kommentierte der „Das werden ja auch immer mehr Sterne“. OHNE WORTE!
Die Dame aus der Bahn hatte also durchaus recht. Das Plakat hat auf jeden Fall Reaktionen hervor gerufen, ich hab nur das Gefühl sie war die einzige (abgesehen von meinen Freund_innen), die es überhaupt wirklich richtig verstanden hat.
Es braucht eindeutig mehr sichtbare jüdische Perspektiven im Feminismus!
Und nicht vergessen: Making Feminism a Treat!
Es meldet sich ab,
die Infozentrale für antisemitismusspezifische Belange